Als echter Katzenfreund weißt du natürlich, dass keine Katze wie die andere ist! Gibt es aber Kategorien von Persönlichkeitstypen, in die wir unsere Katzen einordnen können?
Die »Big 5«
Als Katzeneltern sind wir oft voreingenommen, was das Verhalten und den Charakter unserer Samtpfoten angeht. Um aus den charakterlichen Unterschieden ein wissenschaftliches Konzept von Persönlichkeit zu erhalten, muss man gewisse Ähnlichkeiten im Verhalten deshalb unter vergleichbaren Rahmenbedingungen beobachten und kann diese dann in Gruppen einteilen.
Beim Menschen kennt man z. B. das Konzept der 5 Persönlichkeitsfaktoren, die »Big 5«:
»1) Neurotizismus (Neigung zu emotionaler Labilität, Ängstlichkeit und Traurigkeit),
2) Extraversion (Neigung zur Geselligkeit und zum Optimismus; Gegenpol: Introversion als Neigung zur Zurückhaltung),
3) Offenheit für Erfahrung (Neigung zur Wissbegierde, Interesse an neuen Erfahrungen),
4) Verträglichkeit (Neigung zum Altruismus, zur Kooperation und Nachgiebigkeit) und
5) Gewissenhaftigkeit (Neigung zur Disziplin, zu hoher Leistungsbereitschaft, Leistung, zur Zuverlässigkeit)«.
[Quelle: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/big-five-persoenlichkeitsfaktoren/2360; abgerufen zuletzt am 6.12.22]
Um die menschliche Psyche zu erforschen, nutzt man ausgeklügelte Fragebögen, um herausfinden, wie stark diese fünf Faktoren an der jeweiligen Persönlichkeit beteiligt sind. Das geht bei der Katze natürlich nicht. Also beobachtet man sie unter vergleichbaren Bedingungen, zum Beispiel wie sich eine Katze einem fremden Objekt nähert. Neugierig? Vorsichtig? Meidet sie das Objekt gar ganz?
Welche Persönlichkeitsypen gibt es bei Katzen und wie entstehen sie?
Rassebedingte Unterschiede in Bezug auf Verhalten, Temperament und Charakter sind dir vielleicht bereits bekannt, z. B. sind Siam sehr gesprächig, Perser eher ruhig, Bengal und Russisch Blau hingegen sehr aktiv und Ragdoll ruhig und menschenbezogen.
Persönlichkeit wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Einerseits spielt Vererbung eine Rolle. So wurde beispielsweise belegt, dass Un-/ bzw. Freundlichkeit vom Kater weitergegeben wird. Vorgeburtliche Einflüsse im Leib der Mutterkatze spielen ebenso eine Rolle (z. B. Stress der Kätzin während der Trächtigkeit, Futterverfügbarkeit und welches Geschlecht die benachbarten Kitten haben), wie frühes Lernen, Erziehung durch die Mutterkatze, Sozialisierung mit Geschwistern, Menschen und anderen Tieren und Erfahrungen, die die Katze im Laufe des Lebens macht.
So wurde in Versuchen nachgewiesen, dass Kitten, die mehrere Minuten täglich von Menschen gestreichelt und bekuschelt wurden, später viel zutraulicher waren als Kitten, die keinen regelmäßigen Kontakt zu Leuten hatten.
Es gibt auch geschlechtsspezifische Unterschiede.
So wurden Kater als freundlicher, zutraulicher, verspielter und entspannter beschrieben als Kätzinnen, dafür markieren sie aber auch eher als Weibchen.
Kätzinnen gelten eher als zurückhaltend und aggressiv gegen Menschen und andere Katzen.
Farbunterschiede im Verhalten (z. B. Glückskatzen sind nervöser) wurden auch öfters beschrieben, hängen aber wohl mit der Vererbung allgemein zusammen.
Verhaltensforscher sind sich schon länger einig, dass man bei Katzen mindestens zwei Persönlichkeitstypen benennen kann, und zwar
a) die Aktiven (freundlich/ wagemutig) und
b) die Passiven (scheu/ zurückhaltend).
Das kannst du selbst gut beobachten, wenn du Besuch bekommst und schaust, wie sich deine Katzen verhalten. Ziehen sie sich beobachtend zurück oder begrüßen sie ihnen fremde Personen freundlich?
Bradshaw, ein bekannter Verhaltensforscher, beschreibt drei Aspekte der Katzenpersönlichkeit:
1. Verhalten bezogen auf andere Katzen (aufgeschlossen vs. zurückhaltend)
2. Verhalten bezogen auf Bezugspersonen (enge Kontakte vs. zurückhaltend)
3. Verhalten im Allgemeinen (mutig/ aktiv vs. ruhig/ vorsichtig).
So ist meine Lilly z. B. allgemein eher ruhig und vorsichtig, aber in Bezug auf Menschen, die sie gut kennt, durchaus freundlich und sie kommt auch gerne und schläft auf unseren Beinen.
2017 belegte eine Studie von Litchfield et al, dass die Big 5 sogar ähnlich wie oben beschrieben bei Katzen anwendbar sind: Neurotizismus, Extraversion, Dominanz, Impulsivität und Verträglichkeit.
Was bringt den Katzen das nun? Sehr viel sogar!
Der Nutzen ist sehr interessant:
So schlagen die Forscher vor, dass z. B. Katzen, die normalerweise verträglich sind, bei plötzlich einsetzender Reizbarkeit vermutlich an Schmerzen leiden.
Außerdem hilft es, passende Katzen-Menschen-Paare zu finden, wenn es um die Vermittlung geht.
Wenn wir Menschen besser verstehen, welchen Typ Katze wir gerne hätte, steigen die Chancen, dass sich die richtigen Paarungen finden werden und Enttäuschungen und falsche Vorstellungen vermieden werden.